recht-obsolet.de - über Jugendamt, Schule & Justiz

Muss man mit dem Jugendamt zusammenarbeiten?

Muss man mit dem Jugendamt zusammenarbeiten?
Ein strittiger Punkt unter Betroffenen ist immer wieder die Frage: „Muss man mit dem Jugendamt zusammenarbeiten?„. Das „Jugendamt lügt“ oder „die Sachbearbeiterin ist kriminell“ sind beliebte Argumente, um nicht mit dem Jugendamt kooperieren zu wollen. Fakt ist jedoch:

Das Jugendamt sitzt am längeren Hebel!

Inwieweit Eltern bei einer Inobhutnahme durch das Jugendamt mitwirken, müssen diese natürlich selbst entscheiden. Grundsätzliche Verweigerung der Zusammenarbeit wird sicherlich nicht zu einer Rückführung des Kindes in die elterliche Obhut führen. Aber es gibt auch weitere Gründe, warum das nichts wird.

Kooperieren heißt nicht, alles mit sich machen zu lassen!

Verweigern sich Eltern vollständig, kann das Familiengericht darin eine Kindeswohlgefährdung begründet sehen, in Folge das Sorgerecht entziehen. Insofern ist eine Kooperation mit den Mitarbeitern des Jugendamts zu empfehlen. Allerdings sollten Eltern exakt abwägen, wie ihre Zusammenarbeit mit dem Jugendamt verläuft.

Anstatt der Frage „Muss man mit dem Jugendamt zusammenarbeiten?“ sollte man sich als betroffene Eltern viel mehr die Frage stellen, WIE man mit dem Jugendamt zusammenarbeitet.

Zusammenarbeit Jugendamt – Tipps

Betroffene Eltern haben umfangreiche Möglichkeiten, Einfluss auf die Zusammenarbeit zu nehmen und damit auch die Chance, die Weichen zu stellen, ob und wie man sich gegen das Jugendamt wehren kann.

Um es salopp auszudrücken:

Viele Eltern sind leichte Beute!

Etwa, weil Sie wichtige Gesetze nicht kennen, diese falsch auslegen oder aus Angst vorm Jugendamt sich alles gefallen lassen.

Gesetze kennen & richtig auslegen!

Dies ist die wichtigste Regel, wenn es um die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt geht. Deutsche Jugendämter sind dafür bekannt, dass sie nur selten Eltern über ihre Rechte aufklären oder auch schon mal das Recht beugen. Mütter und Väter, die nicht aus Angst alles mit sich machen lassen, haben in den meisten Fällen die besseren Karten.

Es bringt überhaupt nichts, sich nur einen Paragraph auszusuchen, der gerade in den eigenen Kram passt und gut klingt. Bestes Beispiel ist hier die Annahme, dass man mit der DSGVO erfolgreich gegen Datenerhebung im Rahmen eines Gutachtens vorgehen kann. Wer sich jedoch mit der DSGVO ernsthaft auseinandersetzt, kommt schnell darauf, das falsch erhobene Daten korrigiert werden müssen.

Kennt man die Gesetzeslage, ist es zielführend, mit dem Anwalt zum Beispiel Klage beim Verwaltungsgericht einzureichen. Das bringt in vielen Fällen mehr, als sich mit Jugendamt und Familiengericht zu streiten.

Cool bleiben – auch, wenn es schwer fällt

Wichtigste Regel im Umgang mit dem Jugendamt ist es, in jeder Situation Kontrolle zu bewahren. Das fällt oft schwer angesichts der emotionalen Betroffenheit. Erst recht, wenn das Kind weggenommen wurde, unglaubliche Vorwürfe erhoben oder Methoden angewandt werden, welche womöglich an Straftatbestände wie Amtsmissbrauch, Nötigung oder Erpressung heranreichen.

Wenngleich bereits die Kindeswegnahme ein Trauma für Mutter und Vater darstellt, daher emotionale Betroffenheit oder Wut völlig nachvollziehbar ist – während eines Gesprächstermins sind Gefühlsausbrüche konsequent zu vermeiden.

So absurd es erscheinen mag:

  • Einer Mutter, die vor dem ASD in Tränen ausbricht, können Jugendamtsmitarbeiter daraus den Vorwurf psychischer Instabilität konstruieren.
  • Einem Vater, der im Gespräch laut wird, lässt sich mühelos Aggression und fehlende Impulskontrolle vorwerfen.

Beides kann also als Beweis für gefährdetes Kindeswohl beim Familiengericht gegen die Eltern vorgebracht werden.

Nicht drauflosreden & nicht provozieren lassen

Jugendamtsmitarbeiter sind rhetorisch geschult, verstehen es hervorragend, wunde Punkte zu treffen, ihre Gesprächspartner aus der Reserve zu locken, gewünschte Reaktionen herbeizuführen.

Innerhalb des Gesprächs ist der Zeitpunkt eher ungünstig, sich Gedanken darüber zu machen, wie man sich gegen das Jugendamt wehren kann. Wichtig ist, sich auf das Gespräch zu konzentrieren, mehr zuzuhören als selbst zu reden.

Bewusst gesetzte Gesprächspausen helfen dabei, zu überlegen, was man sagen kann, was man besser nicht sagen sollte. Den Ärger runterzuschlucken ist allemal besser, als dem Jugendamtsmitarbeiter eine Drohung oder Beleidigung an den Kopf zu werfen.

Insofern im Gespräch Falschbehauptungen oder haltlose Unterstellungen geäußert werden, macht man sich während der Unterhaltung auf einem Zettel eine Notiz mit dem Wortlaut, um darüber den Anwalt zu informieren.

Keine spontanen Zusagen machen

In Jugendamtsgesprächen geht es häufig darum, ob Mutter bzw. Vater eine Therapie machen, sich einer Begutachtung unterziehen, eine Schweigepflichtsentbindung unterschreiben, der Inobhutnahme des Kindes zustimmen oder auf Änderung der Umgangskontakte einlassen sollen.

Eltern muss klar sein, dass spontane Zugeständnisse weitreichende Folgen haben und meist nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Auf keinen Fall bedängen lassen!

Konfrontiert der ASD während einem Gesprächstermin oder im Hilfeplangespräch mit derartigen Themen, weisen Sie darauf hin, dass Sie Bedenkzeit in Anspruch nehmen wollen. Entscheidungen müssen nicht sofort getroffen werden.

Gesprächsnotizen machen & Verlauf dokumentieren

Nicht immer laufen von Anfang an Kontakte mit Jugendämtern schlecht. Manche Probleme bahnen sich erst später an. Wer sich erfolgreich gegen das Jugendamt wehren will, hat klare Vorteile, wenn eine lückenlose Dokumentation des Verlaufs vorliegt.

Bei jedem Gesprächstermin sollten eigene Notizen angefertigt werden. Dies gilt ebenfalls für Telefonate, die mit ASD, Pflegefamilie, Kinderheim, Verfahrenspfleger usw. geführt werden. Um selbst nach längerer Zeit oder gar mehreren Jahren noch den Durchblick über Gesprächsnotizen zu haben, sollten diese stets mit Datum, Uhrzeit, Gesprächsanlass sowie Gesprächsinhalt erstellt werden.

Erfolgt das Anfertigen von Gesprächsnotizen digital, beginnen die Dateinamen idealerweise mit dem Datum in folgender Schreibweise:

  • 2021-11-15 Telefonat Amtsvormund
  • 2021-12-13 Telefonat ASD
  • 2022-03-04 Hilfeplangespräch
  • 2022-04-17 Gespräch Umgangstermine

Durch diese Datumsangabe lassen sich Dateien im Ordner sehr gut nach dem zeitlichen Verlauf sortieren, gleichzeitig ist der Gesprächsanlass auf den ersten Blick erkennbar. Insofern es Zeugen für Gespräche gibt, sind diese ebenfalls in Gesprächsnotizen aufzuführen.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert